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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats Juni 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Bilanzierung des Wirtschaftsguts Baumbestand

2.

Hacker-Software auf Dienst-Laptop verstößt gegen Urheberrecht

3.

Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung

4.

Gesellschafterstreit in der Limited muss vor englische Gerichte

5.

Verstoß gegen Verbot der privaten Internetnutzung

6.

ErbSt-Erlass wg. insolvenzbedingter Veräußerung geerbten BVs

7.

Benachteiligung wegen Herkunft aus Ostdeutschland

8.

Private PKW-Nutzung - Entnahme durch pauschalierenden Landwirt

9.

Durchschnittssatzbesteuerung nach Aufgabe des Betriebs

10.

Stromerzeugung durch Kirchengemeinde: gewerblicher Betrieb?

11.

Steuerberater muss nicht sämtliche Gerichtsentscheidungen kennen

12.

Karenzentschädigung bei Wettbewerbsverbot

13.

Namensrecht kann wesentliche Betriebsgrundlage sein

14.

Maßgeblichkeit nach BilMoG

15.

Treuhandmodell gewerbesteuerlich anerkannt

16.

Kfz-Nutzung: Mehrfache Anwendung der 1 %-Regel durch BFH bestätigt

17.

Geschäftsadresse ohne Postbriefkasten kann gefährlich sein

18.

Voraussetzungen für Treuhandverhältnis (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO)

19.

Übernahme von Steuerberatungskosten ist Arbeitslohn

20.

InvZul für Grundstückskauf: Besitzübergabe vor vertraglichem Zeitpunkt

21.

Aufhebungsvertrag unter Androhung außerordentlicher Kündigung

22.

Verlustabzug bei Abwärtsverschmelzung

23.

Verbot nicht amtlich verliehener Zusätze zur Berufsbezeichnung StB



1. Bilanzierung des Wirtschaftsguts Baumbestand

Stellungnahme des BMF zur Besteuerung der Forstwirtschaft
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nimmt im Schreiben vom 2.3.2010 zur Besteuerung der Forstwirtschaft wie folgt Stellung:

Stehender Baumbestand
Der stehende Baumbestand ist ein vom Grund und Boden getrennt zu bewertendes Wirtschaftsgut des nicht abnutzbaren Anlagevermögens. Der Umfang des Baumbestandes ergibt sich aus einem amtlich anerkannten Betriebsgutachten, einem Betriebswerk oder dem Anbauverzeichnis und hat eine Flächengröße von zusammenhängend mindestens einem Hektar. Lediglich bei räumlich auseinander liegenden Parzellen kann auch bei einer Größe unterhalb eines Hektars ein selbstständiges Wirtschaftsgut angenommen werden. Der Baumbestand ist zwingend in einem Anlageverzeichnis zu führen.

Holznutzungen
Die Holznutzungen sind in Kahlschlag und andere Holznutzungen zu unterscheiden. Ein Kahlschlag im steuerlichen Sinne liegt vor, wenn das abnutzbare Derbholz eingeschlagen wird und auf dieser Fläche keine gesicherte Kultur verbleibt. Das eingeschlagene Holz nimmt anschließend den Charakter des Umlaufvermögens an. Der hieraus resultierende Buchwertabgang wandelt sich zu Herstellungskosten des Umlaufvermögens. Wiederaufforstungskosten sind als Herstellungskosten des nicht abnutzbaren Anlagevermögens zu aktivieren. Sie beginnen mit den ersten Pflanzmaßnahmen und enden mit der Sicherung des Baumbestandes; in der Regel fünf Wirtschaftsjahre nach Beginn der Wiederaufforstung. Die Bildung einer Rückstellung für derartige Kosten, die in späteren Wirtschaftsjahren entstehen, ist nicht zulässig. Andersartige Holznutzungen, die keinen Kahlschlag darstellen, führen nicht zu Buchwertminderungen. Lediglich planmäßige Ernten können zu Buchwertminderungen führen. Diese sind vom Steuerpflichtigen nachzuweisen. In Höhe des Buchwertabgangs ergeben sich Herstellungskosten des Umlaufvermögens. Bei Buchwertminderung sind die Wiederaufforstungskosten zu aktivieren. Sofern keine Buchwertminderung eingetreten ist, sind die Kosten der Wiederaufforstung nicht zu aktivieren. Klarstellend wird ausgeführt, dass bei Einnahmen - Überschussrechnungen der Übergang von Anlagevermögen zu (fiktivem) Umlaufvermögen mit der Konsequenz verbunden ist, dass in dieser Höhe sofort abziehbare Betriebsausgaben entstehen. Infolge eines Kahlschlags durch Kalamitätsnutzung kann der bisherige Buchwert beibehalten werden. Wiederaufforstungskosten stellen dann sofort abziehbare Betriebsausgaben dar. Die geschilderten Regelungen sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Sollten sich hieraus Verschlechterungen ergeben, wird nicht beanstandet, wenn die Regelungen erstmals für Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 30.6.2010 beginnen.


2. Hacker-Software auf Dienst-Laptop verstößt gegen Urheberrecht

Kernaussage
Nach § 95a Abs. 3 UrhG besteht ein Verbot für den Besitz von Vorrichtungen, die hauptsächlich entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Entsprechend diesem gesetzlichen Verbot hat das OLG Celle entschieden, dass der Besitz von Hackersoftware auf einem dienstlichen Computer einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt.

Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Der Kläger war bei der Beklagten als Geschäftsführer angestellt. Die fristlose Kündigung wurde auf mehrere Pflichtverletzungen des Klägers gestützt. Insbesondere wurde ihm gegenüber der Vorwurf erhoben, dass er sich Hackersoftware auf den von ihm benutzten Laptop heruntergeladen habe, um sich Zugang zu geheimen Daten der Unternehmensgruppe zu verschaffen. Daneben habe er einen Betrug begangen, indem er für einen angeschafften Bürosessel gegenüber der Beklagten 205 EUR statt der verauslagten 30 EUR berechnet habe. Die Klage hatte in der ersten Instanz Erfolg. Das OLG hingegen wies sie im Wesentlichen abändernd ab.

Entscheidung
Das Herunterladen der Hackersoftware als solches ist nach § 95a Abs. 3 UrhG rechtswidrig und setzt die Beklagte der Gefahr eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sowie der Gefahr eines unternehmensschädigenden Datenskandals aus. Durch die Installation illegaler Software hat der Kläger die Möglichkeit, Sicherheitsvorkehrungen zu umgehen, Passwörter zu knacken oder interne Betriebsgeheimnisse einzusehen sowie weiterzuleiten. Auch wenn nur eine rein theoretische Gefahr besteht, dass der Kläger die Hackersoftware auf illegalem Wege einsetzt, rechtfertigt bereits das bisherige Handeln des Klägers seine fristlose Kündigung. Daneben rechtfertigt eine vorsätzliche Falschabrechnung eine fristlose Kündigung, selbst wenn es sich dabei um einen geringen Betrag handelt.

Konsequenz
Bereits der Besitz von Hackersoftware verstößt gegen das Urheberrecht. Wird eine solche Software im betrieblichen Bereich vorgehalten, stellt dies einen fristlosen Kündigungsgrund dar.


3. Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung

Kernaussage
Unterbleibt die Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH gegenüber dem Registergericht, führt dies in entsprechender Anwendung des Haftungsmodells der Unterbilanzhaftung zu einer zeitlich unbeschränkten Haftung der Gesellschafter. Gleiches gelte für den Erwerb eines Geschäftsanteils.

Sachverhalt
Eine im Dezember 1993 gegründete GmbH verfügte ausweislich des Jahresabschlusses zum 31.12.2004 bereits Ende 2003 über keine Aktiva mehr. Im Juli 2004 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Änderung der Firma, eine Verlegung des Sitzes und die Änderung des Unternehmensgegenstandes. Diese Änderungen wurden im September 2004 im Handelsregister eingetragen. Die GmbH war seit Juli 2004 mit erweitertem Geschäftszweck operativ tätig. Im Dezember 2005 wurden die Geschäftsanteile im Nennwert von 50.000 DM auf die Beklagte übertragen. Diese zahlte im März 2006 als Einlage 25.000 EUR auf das Stammkapital ein. Im Februar 2007 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Es wurden Forderungen i. H. v. rund 37.000 EUR zur Tabelle festgestellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter und nimmt die Beklagte als alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin auf Begleichung der sämtlichen Forderungen in Anspruch.

Entscheidung
Das LG wies die Klage ab, das OLG München gab ihr statt. Die Aufnahme der operativen Tätigkeit mit dem erweiterten Gesellschaftszweck im Juli 2004 stellt eine Mantelverwendung dar, die nach der Rechtsprechung des BGH gegenüber dem Registergericht als wirtschaftliche Neugründung hätte offen gelegt werden müssen. Dies ist nicht geschehen, so dass insoweit das Haftungsmodell der Unterbilanzhaftung entsprechende Anwendung findet. Hiernach haften Gesellschafter unbeschränkt für Verluste, die vor Anmeldung und Eintragung der GmbH mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit entstanden sind. Die Zahlung der Beklagten auf das Stammkapital im März 2006 führt nicht zu einer Haftungsbefreiung, da diese nicht mit einer Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung verbunden war. Die Unterbilanzhaftung sichert das Vertrauen der Gläubiger auf den ungeschmälerten Bestand des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft. Aus diesem Sinn und Zweck ergibt sich, dass auch neue Gesellschafter haften. Unerheblich ist, ob die Beklagte Kenntnis von der Mantelverwendung hatte.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht die Gefahren einer Mantelverwendung auch für neue Gesellschafter. Im Rahmen einer Rechtsnachfolge in den Gesellschaftsanteil sollte diese Rechtsfrage erörtert werden.


4. Gesellschafterstreit in der Limited muss vor englische Gerichte

Kernaussage
Die gerichtliche Klärung der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen einer englischen Limited kann nur vor einem englischen Gericht herbeigeführt werden.

Sachverhalt
Der Kläger und eine weitere Person (Mehrheitsgesellschafter) waren Gesellschafter und jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Beklagten, einer Limited Company by Shares. Der Gründungssitz der Beklagten befindet sich in England, der Verwaltungssitz ist in Deutschland. Auf einer Gesellschafterversammlung hat der Mehrheitsgesellschafter den Kläger in dessen Abwesenheit als Geschäftsführer abberufen. Der Kläger hielt den Beschluss aus formalen Gründen für unwirksam. Aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung im Gesellschaftsvertrag erhob er Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage vor einem deutschen Gericht.

Entscheidung
Die Klage hatte vor dem LG zunächst Erfolg. Das OLG entschied hingegen auf die Berufung der Beklagten, dass deutsche Gerichte für derartige Klagen nicht zuständig sind und wies die Klage als unzulässig ab. Die internationale Zuständigkeit ist nach den Vorschriften der EuGVVO zu bestimmen. Nach Art. 22 Nr. 2 EuGVVO sind für Klagen, die die Gültigkeit von Beschlüssen der Organe einer Gesellschaft zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaates ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft ihren Sitz hat. Streitig war, ob der Gründungstheorie oder der Sitztheorie zur Bestimmung des Sitzes zu folgen ist, oder ob eine Doppelanknüpfung anzunehmen ist. Der Senat folgte im Rahmen des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO der Gründungstheorie. Nur so würde die reibungslose Durchsetzung des zwingenden Gesellschaftsrechts jedes Mitgliedstaates gesichert. Gerichtsstandsvereinbarungen sind im Anwendungsbereich des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO unwirksam, da diese Norm eine ausschließliche Zuständigkeit regelt.

Konsequenz
Diese Entscheidung dürfte auch für andere Rechtsformen von Interesse sein. Bei Gründung einer ausländischen Gesellschaft sollte daher immer berücksichtigt werden, dass Streitigkeiten bei ausschließlichen internationalen Zuständigkeiten vor den entsprechenden ausländischen Gerichten zu führen sind.


5. Verstoß gegen Verbot der privaten Internetnutzung

Kernfrage/Rechtslage
Die private Nutzung des Internets auf betrieblichen Rechnern ist Quell regelmäßiger Streitigkeiten im Arbeitsverhältnis. In der Regel sind Kündigungen wegen unerlaubter Internetnutzung dann gerechtfertigt, wenn straferhebliche oder pornografische Inhalte geladen und/oder gespeichert werden. Auch ganz übermäßige Internetnutzung kann eine Kündigung insbesondere dann rechtfertigen, wenn die private Nutzung untersagt ist. Streitig ist regelmäßig, ob eine Abmahnung erforderlich ist. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte nunmehr über die Erforderlichkeit einer Abmahnung in einem Fall zu befinden, in dem die private Internetnutzung ausdrücklich untersagt war.

Entscheidung
Der Kläger war 17 Jahre beim Arbeitgeber beschäftigt. Er hatte eine Mitarbeitererklärung zur Internet- und PC-Nutzung unterschrieben, in der es hieß, dass der Zugang zum Internet und E-Mail nur zu dienstlichen Zwecken gestattet und jeder darüber hinausgehende Gebrauch - insbesondere zu privaten Zwecken - ausdrücklich verboten sei. Verstöße gegen diese Anweisung sollten ohne Ausnahme mit arbeitsrechtlichen Mitteln sanktioniert werden und - insbesondere bei Nutzung von kriminellen, pornographischen, rechts- oder linksradikalen Inhalten - zur außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Zumindest einmal hatte der Kläger mit Erlaubnis seines Vorgesetzten den Internetanschluss an seinem Arbeitsplatz genutzt, um seinen Kontostand abzufragen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich, weil der Arbeitnehmer verbotswidrig das Internet zu privaten Zwecken genutzt habe. Dies sei innerhalb eines Monats mindestens neunmal der Fall gewesen. Die Kündigungsschutzklage des Klägers hatte Erfolg. Das Gericht urteilte, dass der Arbeitgeber - selbst wenn man seinen Vortrag als zutreffend unterstelle - nicht hinreichend dargelegt habe, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der geschuldeten Leistung vorlag. Es fehle an der Darstellung der Verweildauer des Klägers an den fraglichen Tagen im Internet. Im Übrigen wäre vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich gewesen. Diese sei nicht entbehrlich gewesen, weil dem Kläger die private Nutzung des Internets grundsätzlich untersagt war. Zum einen liege die Unterzeichnung der Mitarbeitererklärung zeitlich schon länger zurück und schreibe selbst die Notwendigkeit arbeitsrechtlicher Sanktionen vor, zu denen auch Abmahnungen gehören. Zum anderen habe die Beklagte aber das Verbot aufgeweicht, indem sie ihren Mitarbeitern einen PC zur privaten Internetnutzung zur Verfügung gestellt habe.

Konsequenz
Auch wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern die Nutzung des betrieblichen Internetanschlusses zu privaten Zwecken ausdrücklich untersagt hat, rechtfertigt ein Verstoß hiergegen nicht automatisch eine ordentliche Kündigung. Vielmehr muss der Arbeitgeber regelmäßig zunächst eine Abmahnung aussprechen, bevor er verhaltensbedingt kündigen kann. Es muss überdies beim Arbeitnehmer zu einer erheblichen Leistungsbeeinträchtigung gekommen sein. Das bedeutet zugleich erhebliche Darlegungspflichten im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens.


6. ErbSt-Erlass wg. insolvenzbedingter Veräußerung geerbten BVs

Kernfrage/Rechtslage
Die Betriebsvermögensprivilegien, die vom Erbschaftsteuergesetz gewährt werden (ehemals Betriebsvermögensfreibetrag und verminderter Wertansatz, nach geltendem Recht Bewertungsabschlag), bleiben dem Erwerber nur dann endgültig erhalten, wenn das begünstigte Betriebsvermögen über eine Behaltensfrist von mindestens fünf Jahren (sowohl altes als auch neues Recht) nicht veräußert wird. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine Veräußerung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ebenfalls schädlich ist.

Entscheidung
Mit dem Tod des Erblassers im August 1996 gingen sämtliche Anteile an einer Gesellschaft auf die Erben über. Im März 2001 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Mai 2001 verkaufte der Insolvenzverwalter das Betriebsvermögen an einen Investor. Das Finanzamt erließ gegen die Erben einen Erbschaftsteuerbescheid und versagte die gewährten Betriebsvermögensprivilegien, weil das Betriebsvermögen innerhalb der Behaltensfrist veräußert worden sei. Den Antrag der Erben, die Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen zu erlassen, lehnte das Finanzamt ab. Zuletzt unterlagen die Erben vor dem Bundesfinanzhof. Die insolvenzbedingte Veräußerung des Betriebsvermögens stelle keinen Billigkeitsgrund für den Erlass der Erbschaftsteuer dar. Der Wegfall der Vergünstigungen stehe selbst dann mit dem Gesetzeszweck in Einklang, wenn das Betriebsvermögen krisen- oder insolvenzbedingt veräußert wird. Denn der Gesetzgeber wollte bei jeder Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe innerhalb von fünf Jahren die Privilegien versagen, ohne die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Auch das nur geringfügige Unterschreiten der Fünf-Jahres-Frist rechtfertige keinen Billigkeitserlass.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass der Bundesfinanzhof die erbschaftsteuerlichen Behaltensfristen starr versteht. Auch Erlassanträge haben keine Aussicht auf Erfolg. Zwar ist die Entscheidung zum ehemaligen Erbschaftsteuerrecht ergangen, allerdings enthält auch das seit dem 1.1.2009 geltende Erbschaftsteuerrecht Behaltensfristen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass der Bundesfinanzhof an seiner Rechtsprechung festhält.


7. Benachteiligung wegen Herkunft aus Ostdeutschland

Kernfrage/Rechtslage
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierungen, unter anderem wegen ethnischer Herkunft. Rechtsfolge einer Diskriminierung ist das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs zugunsten des diskriminierten Arbeitnehmers. Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Bezeichnung "Ossi" eine Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft darstellen kann.

Entscheidung
Die aus dem Beitrittsgebiet stammende Klägerin hatte sich auf eine Stelle in Baden-Württemberg beworben. Auf ihren zurückgesandten Bewerbungsunterlagen befand sich der handschriftliche Vermerk "Ossi". Die Klägerin verlangte eine Entschädigung auf der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, weil sie alleine wegen ihrer Herkunft abgelehnt worden sei. Das Arbeitsgericht Stuttgart sah hierin aber keine Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft. Es definierte ethnische Herkunft, oder Ethnie, als Gemeinsamkeit in Tradition, Sprache, Religion, Kleidung oder gleichartiger Ernährung. Selbst wenn die so verstandene Ethnie mit einem speziellen Territorium verbunden werden könne, erfülle die Verbindung zum Gebiet der ehemaligen DDR nicht die an die Ethnie geforderten Voraussetzungen, zumal die DDR nur eine Generation bestanden habe.

Konsequenz
Die Entscheidung stellt zum einen eine Konkretisierung des Begriffes der ethnischen Herkunft dar. Territoriale Herkunft bzw. Nationalität alleine ist nicht gleichzusetzen mit ethnischer Herkunft und insoweit nicht Schutzgegenstand des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Zum anderen zeigt sie aber auch, welche Gefahren das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz birgt. Um keine (zusätzlichen) Gefahren zu schaffen, sollten z. B. Bewerbungsunterlagen nicht zurück gesandt werden.


8. Private PKW-Nutzung - Entnahme durch pauschalierenden Landwirt

Kernproblem
Streitig war die steuerliche Auswirkung der Entnahme eines betrieblichen PKW für private Zwecke. Bislang hatten die Kläger die Entnahmen mit 1 % des Bruttolistenpreises berücksichtigt. Ein entsprechender Ansatz der Umsatzsteuer in Höhe des Durchschnittssteuersatzes, bezogen auf den pauschalen 80 %igen Privatanteil, erfolgte nicht. Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde der Privatanteil dahingehend erhöht.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass der nicht betriebliche Einsatz des PKW eine Nutzungsentnahme darstellt. Nach der geltenden Rechtslage bestimmt sich diese nach der 1 %-Methode. Bemessungsgrundlage ist der inländische Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich der Umsatzsteuer. Alternativ kann die private Nutzung anhand der Fahrtenbuchmethode berechnet werden. Im vorliegenden Fall, bei dem der Landwirt die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendet, kann keine Umsatzsteuer auf Nutzungsentnahmen erhoben werden. Begründet wird dies damit, dass der Landwirt bereits mit der zu zahlenden Vorsteuer belastet ist. Anders als ein Regelversteuerer, kann er sich diese nicht vom Finanzamt erstatten lassen. Er bleibt somit in voller Höhe belastet. Die bei einem Regelversteuerer geltende Umsatzsteuerpflicht auf Nutzungsentnahmen soll dort lediglich die zu viel in Anspruch genommenen Vorsteuerbeträge korrigieren. Dies kann für Unternehmen, die die Durchschnittssatzbesteuerung anwenden, nicht gelten.

Konsequenz
Die Nutzungsentnahme eines Landwirtes, der die private PKW-Nutzung nach der 1 %-Regelung ermittelt und die Umsatzsteuer pauschaliert, bemisst sich demnach nach dem Bruttolistenpreis ohne eine ergänzende fiktive Hinzurechnung der pauschalen Umsatzsteuer.


9. Durchschnittssatzbesteuerung nach Aufgabe des Betriebs

Entscheidung des Bundesfinanzhofes
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 19.11.2009 entschieden, dass die Lieferung der "letzten Ernte" der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt. Insofern kann auch nach Betriebsaufgabe bzw. Betriebsverpachtung die Lieferung von selbst erzeugten landwirtschaftlichen Produkten mit dem für landwirtschaftliche Betriebe geltenden pauschalen Umsatzsteuersatz abgerechnet werden.

Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums
Zu der Entscheidung des BFH hat das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 15.3.2010 Stellung genommen: Grundsätzlich unterliegen Lieferungen und Leistungen, die nach Einstellung der Erzeugertätigkeit erbracht werden, den allgemeinen Regelungen der Umsatzsteuer. Dies gilt dann nicht, wenn selbst erzeugte Produkte nach Aufgabe der Bewirtschaftung veräußert werden. Ebenfalls für Hilfsumsätze, die im engen sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe ausgeführt werden, ist für Lieferungen die Regelbesteuerung nicht anzuwenden. Voraussetzung bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern ist, dass diese nicht für Umsätze verwendet wurden, die der Regelbesteuerung unterlegen haben. Bei einer schrittweisen Niederlegung der Tätigkeit wird klarstellend ausgeführt, dass ein nur vorübergehendes Überschreiten der Tierbestandsgrenzen unschädlich im Sinne des Strukturwandels ist. Im Fall einer Option zur Regelbesteuerung können die vorstehenden Grundsätze nicht mehr zur Anwendung kommen. Daher unterliegen sämtliche Umsätze nach Wirksamwerden der Option den Vorschriften der Regelbesteuerung. Für vor dem 1.7.2010 ausgeführte Lieferungen selbst erzeugter landwirtschaftlicher Produkte (und Hilfsumsätze wie zuvor beschrieben) wird es nicht beanstandet, wenn die Regelbesteuerungsgrundsätze angewendet werden. Die geltenden Vorschriften zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs sind zu beachten.


10. Stromerzeugung durch Kirchengemeinde: gewerblicher Betrieb?

Kernproblem
Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich hoheitlich tätig. Unternehmerisch tätig sind sie allein mit ihren Betrieben gewerblicher Art. Ein solcher ist eine Einrichtung, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dient. Zudem muss sie sich innerhalb der Gesamtbetätigung wirtschaftlich herausheben. Dies soll aus Sicht der Finanzverwaltung bei einem Jahresumsatz gegeben sein, der größer als 30.678 EUR ist.

Sachverhalt
Eine Kirchengemeinde hatte auf dem Dach des Gemeindesaales eine Photovoltaikanlage installiert. In deren Betrieb sieht die Gemeinde einen Betrieb gewerblicher Art. Sie erklärte gegenüber dem Finanzamt einen Umsatz von 923 EUR und machte Vorsteuern i. H. v. 7.681 EUR geltend. Wegen Unterschreiten des Jahresumsatzes von 30.678 EUR hat das Finanzamt das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art verneint und den Vorsteuerabzug nicht zugelassen.

Entscheidung
Das FG Niedersachsen hat das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art bejaht. Die Gemeinde war durch die Erzeugung und Einspeisung von Energie in das Stromnetz selbstständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden. Die in der Stromerzeugung liegende Tätigkeit hat sich hinreichend von ihrer Gesamtbetätigung abgehoben. So liegt der eigentliche Zweck in der Förderung der Religionsausübung. Davon unterscheidet sich die rein ökonomische Tätigkeit des Verkaufs von elektrischer Energie. Allein auf feste Umsatzgrenzen kann nicht abgestellt werden.

Konsequenz
Die Besteuerung hat immer zwei Seiten - bei einer Umsatzsteuerpflicht dürfen auch die Vorsteuern gezogen werden. Ohne Umsatzsteuerpflicht stellen die Vorsteuern Kosten dar. Im vorliegenden Fall führt eine Umsatzsteuerpflicht zu einem Vorteil für die steuerpflichtige Gemeinde, so dass sie das Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art begehrte. Andere Steuerpflichtige wiederum sind froh über die Umsatzgrenze der Finanzverwaltung, da sie bei darunter liegenden Umsätzen keine steuerlichen Konsequenzen zu ziehen brauchen. Das FG hat die Revision zugelassen, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt.


11. Steuerberater muss nicht sämtliche Gerichtsentscheidungen kennen

Kernfrage
Das OLG entschied zur der Frage, ob und gegebenenfalls wann ein Steuerberater von gerichtlichen Entscheidungen Kenntnis haben muss.

Sachverhalt
Der Kläger betrieb Spielhallen, wobei er für die erzielten Umsätze aus den Geldspielautomaten in den Jahren 1995 bis 2000 zur Umsatzsteuer veranlagt wurde. Die Beklagte war in dieser Zeit Steuerberaterin des Klägers und hat für diesen die Umsatzsteuererklärungen erstellt und die entsprechenden Bescheide geprüft. Diese wurden bestandskräftig. Gemäß § 4 Nr. 9 UStG a. F. waren in dieser Zeit nur Erlöse aus Geldspielautomaten in öffentlichen Spielbanken von der Umsatzsteuer befreit. In einer nicht amtlich veröffentlichten Entscheidung vom 30.11.2000 äußerte der BFH seine Zweifel an der Europarechtskonformität der Regelung. In einer Entscheidung des FG Münster wurden die betreffenden Umsätze sämtlich umsatzsteuerfrei belassen. Die Entscheidung wurde am 7.6.2002 veröffentlicht. Der Beklagten waren die Entscheidungen während der Dauer der Vertragsbeziehungen der Parteien, bis August 2002, nicht bekannt. Der Kläger fordert von der Klägerin Schadensersatz für die zu Unrecht erhobene Umsatzsteuer sowie Zinsen.

Entscheidung
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der Steuerberater, ebenso wie der Rechtsanwalt, muss über mandatsbezogene Gesetzes- und Rechtskenntnisse verfügen. Innerhalb einer angemessenen Zeit müssen Entscheidungen des BFH zur Kenntnis genommen werden, die in den gängigen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Auf die Verfassungs- und Europarechtskonformität von Gesetzen darf grundsätzlich vertraut werden, es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte für einen entsprechenden Verstoß. Die Veröffentlichung der finanzgerichtlichen Entscheidung war unschädlich, da eine Karenzzeit der Kenntnisnahme durch die Beklagte von mindestens 3 Monaten eingeräumt wurde. Höchstrichterliche Entscheidungen hingegen sind innerhalb eines Zeitraums von 4-6 Wochen ab Veröffentlichung zur Kenntnis zu nehmen. Die Beklagte hatte diese Frist nicht überschritten, so dass keine Pflichtverletzung besteht.

Konsequenz
Die Rechtsprechung erkennt ausdrücklich an, dass für die Informationsverpflichtungen der Steuerberater und Rechtsanwälte eine Karenzzeit einzuräumen ist. Dies ist besonders vor dem Hintergrund zu begrüßen, dass die Informationspflicht neben einer Vielzahl von unter "Termindruck zu erledigenden Arbeiten" zu erfüllen ist.


12. Karenzentschädigung bei Wettbewerbsverbot

Kernfrage
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bei Arbeitnehmern nach §§ 74 ff. HGB setzt zwingend die Gewährung einer Karenzentschädigung als Ausgleich voraus. Die nachvertraglichen Wettbewerbsverbote dürfen unter Berücksichtigung dieser Entschädigung nach Ort, Zeit und Gegenstand keine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthalten und müssen dem berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers dienen (§ 74a Abs. 1 HGB). Das Gesetz enthält jedoch keine Regelung hinsichtlich des Anspruchs auf Karenzentschädigung bei teilweise verbindlichem und teilweise unverbindlichem Wettbewerbsverbot.

Sachverhalt
Die Beklagte stellt Fenster und Türen her und vertreibt ihre Produkte ausschließlich an den Fachhandel. Der Kläger war bei der Beklagten als Marketingleiter tätig. Nach dem vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot war der Kläger verpflichtet, für die Dauer von 2 Jahren nicht für Unternehmen tätig zu sein, die mit dem früheren Arbeitgeber in Konkurrenz stehen. Als Konkurrenzunternehmen galten Unternehmen, die mit dem Vertrieb von Fenstern und Türen befasst sind. Nach seinem Ausscheiden arbeitet der Kläger als selbstständiger Handelsvertreter für ein Unternehmen, welches Fenster und Türen ausschließlich an Endverbraucher veräußert. Mit der Klage begehrt der Kläger die Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung.

Entscheidung
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das BAG gab ihr statt. Das Verbot, Fenster und Türen direkt an Endverbraucher zu vertreiben, dient nicht mehr dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich. Bei Beachtung des verbindlichen Teils entsteht unabhängig hiervon der Anspruch auf die Karenzentschädigung. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insgesamt beachtet. Es genügt die Einhaltung des verbindlichen Teils.

Konsequenz
Die nachvertraglichen Wettbewerbsklauseln sind hinsichtlich der Frage, welcher Teil verbindlich und welcher unverbindlich ist, genau zu überprüfen. Für den Arbeitgeber dürfte zudem zu entscheiden sein, ob nach Sinn und Zweck eine einfache Kundenschutzklausel ausreicht.


13. Namensrecht kann wesentliche Betriebsgrundlage sein

Kernproblem
Bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen innerhalb eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe besteht eine der wesentlichen steuerlichen Aufgaben regelmäßig darin, die Aufdeckung und Besteuerung von stillen Reserven zu verhindern, da andernfalls teilweise erhebliche Belastungen drohen. Solche Vorgänge lassen sich häufig nur steuerneutral gestalten, wenn betriebliche Gesamtheiten (Betriebe bzw. Teilbetriebe) Gegenstand einer Einbringung, Spaltung o. ä. sind. Dies setzt voraus, dass sämtliche für diese Einheiten wesentlichen Betriebsgrundlagen mit übertragen werden. Welche Wirtschaftsgüter als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen sind, kann im Einzelfall schwer festzustellen sein.

Sachverhalt
Ein Kommanditist hatte "seiner" KG, an der er mehrheitlich beteiligt war, durch entsprechende Verträge gestattet, einen bestimmten Namen als Bezeichnung firmen- und warenzeichenrechtlich zu nutzen. Im Jahr 1988 wurde die KG durch Formwechsel in eine AG umgewandelt. Die Verträge über die Namensnutzung wurden zwischen der AG und ihrem Aktionär fortgeführt. Die AG setzte das Vermögen in ihrer steuerlichen Eröffnungsbilanz mit den Buchwerten der KG an, obwohl diese in erheblichem Umfang stille Reserven enthielten. Im Laufe der Jahre sank die Beteiligungsquote des Aktionärs unter die damalige Wesentlichkeitsgrenze von 25 %. Im Jahr 1996 verkaufte er seine Aktien zum Preis von 60 Mio. DM. Das Finanzamt setzte auf den Veräußerungsgewinn Einkommensteuer fest, da es davon ausging, dass es sich um einbringungsgeborene Anteile handelte.

Entscheidung
Der BFH folgte dieser Auffassung nicht uneingeschränkt. Er hält es für denkbar, dass es sich nicht um einbringungsgeborene Anteile handelte, weil eine Buchwertfortführung im Jahr 1988 überhaupt nicht zulässig war. Die Namensrechte könnten nach Auffassung des BFH eine wesentliche Betriebsgrundlage des Mitunternehmeranteils des ehemaligen Kommanditisten gewesen sein. In diesem Fall hätten die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Einbringung (Formwechsel) nicht vorgelegen, da die Rechte nicht in die AG eingebracht wurden. Die BFH-Richter betonen in ihrem Urteil, dass auch immaterielle Wirtschaftsgüter im Einzelfall wesentliche Betriebsgrundlagen sein können - und zwar selbst dann, wenn sie nicht bilanziert sind und auch nicht warenzeichenrechtlich bzw. markenrechtlich geschützt sind. Das FG wird im zweiten Rechtszug festzustellen haben, ob es sich bei den Namensrechten um wesentliche Betriebsgrundlagen handelte.

Konsequenz
Für den Verkäufer des Aktien könnte das BFH-Urteil bares Geld wert sein: Sollten die Namensrechte wesentliche Betriebsgrundlagen gewesen sein, könnte er den Veräußerungsgewinn steuerfrei behalten. Dass der Formwechsel im Jahr 1988 eigentlich nicht zu Buchwerten hätte durchgeführt werden dürfen, stört dabei nicht, denn die entsprechenden Veranlagungen sind längst bestandskräftig. Abgesehen von dieser glücklichen Fallkonstellation birgt das Urteil aber vor allem Risiken für Umstrukturierungen. Hier muss in Zukunft noch stärker das Augenmerk auf evtl. immaterielle Wirtschaftsgüter und deren Mit-Einbringung gelegt werden.


14. Maßgeblichkeit nach BilMoG

Kernproblem
Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 25.5.2009 wurde auch die Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz neu justiert. Seitdem ist für Zwecke der Besteuerung das Betriebsvermögen auszuweisen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt. Zur Anwendung dieser Neuregelung hat die Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben Stellung bezogen.

Maßgeblichkeit der Handelsbilanz
Unverändert gelten die Regelungen, wonach handelsrechtliche Aktivierungsgebote und Aktivierungswahlrechte grundsätzlich zu einer steuerlichen Aktivierungspflicht führen, während eine Passivierung in der Steuerbilanz nur dort in Betracht kommt, wo auch für die Handelsbilanz eine Passivierungspflicht besteht. Eine Ausnahme gilt für die in der Handelsbilanz nunmehr erlaubte Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen. Hier steht ein explizites steuerliches Aktivierungsverbot einem Ansatz in der Steuerbilanz entgegen. Bei Bewertungswahlrechten, für die keine eigenständige steuerliche Regelung besteht (z. B. Aktivierung von Fremdkapitalzinsen) wirkt die Wahlrechtsausübung auch für die Steuerbilanz. Neu ist die Auffassung der Verwaltung, wonach das handelsrechtliche Einbeziehungswahlrecht bei den Herstellungskosten (Kosten der allgemeinen Verwaltung, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und betriebliche Altersversorgung) steuerlich zu einer Einbeziehungspflicht dieser Kostenbestandteile führen soll.

Ausübung von steuerlichen Wahlrechten
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass sämtliche steuerlichen Wahlrechte nunmehr unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden können. Dies gilt nicht nur für solche Wahlrechte, die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zuwider laufen, wie z. B. die Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG. Auch Wahlrechte, die nach Handels- und Steuerrecht bestehen, können in beiden Rechenwerken unterschiedlich ausgeübt werden. So können Gegenstände des Anlagevermögens in der Handelsbilanz linear, in der Steuerbilanz hingegen degressiv abgeschrieben werden. Ein Wahlrecht nimmt die Finanzverwaltung auch für die Teilwertabschreibung an, die bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in der Steuerbilanz vorgenommen werden kann, aber nicht muss.

Konsequenz
Das BMF-Schreiben zeigt, dass durch das BilMoG nicht nur die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit, sondern die gesamte formelle Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz aufgehoben wurde. Dies ermöglicht den Steuerpflichtigen eine weitgehend eigenständige Bilanzpolitik in beiden Rechenwerken und damit umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, die bereits für das Jahr 2009 bestehen. Der Preis für diese Gestaltungsfreiheit ist ein nicht zu unterschätzender administrativer Mehraufwand durch die Führung von zwei weitgehend getrennten Rechenwerken. Die Einheitsbilanz dürfte damit in vielen Fällen nicht mehr realisierbar sein.


15. Treuhandmodell gewerbesteuerlich anerkannt

Kernproblem
Personengesellschaften können - anders als Kapitalgesellschaften - keine steuerliche Organschaft mit ihrem Mutterunternehmen bilden. Um dennoch für Zwecke der Gewerbesteuer Gewinne und Verluste miteinander steuerlich verrechnen zu können, wurde in der Vergangenheit z. B. das sog. Treuhandmodell eingesetzt, dessen Anerkennung jedoch von der Finanzverwaltung teilweise versagt wurde.

Sachverhalt
Beim Treuhandmodell fungiert ein Mutterunternehmen als Komplementärin einer GmbH & Co. KG und hält daneben nahezu sämtliche Anteile an der KG. Der verbleibende Anteil (z. B. 0,1 %) wird von einer Beteiligungs-GmbH als Kommanditistin gehalten. Die GmbH hält diese Beteiligung lediglich treuhänderisch für die Muttergesellschaft, so dass im Ergebnis (wirtschaftlich) sämtliche Anteile an der KG der Muttergesellschaft zuzurechnen sind. Da die GmbH mangels Risiko und Initiative kein Mitunternehmer ist, handelt es sich ertragsteuerlich auch nicht um eine Mitunternehmerschaft. Dennoch waren Finanzamt und Finanzgericht in einem Fall der Auffassung, dass die KG der Gewerbesteuer unterliege.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hat diese Entscheidung nun kassiert. Der BFH wertet die KG im Treuhandmodell als "Ein-Unternehmer-Personengesellschaft" und behandelt die Muttergesellschaft (zugleich Treugeberin) steuerlich so, als sei diese Alleineigentümerin sämtlicher Wirtschaftsgüter der KG. Da die KG keinen mitunternehmerschaftlich geführten Gewerbebetrieb unterhalte, unterliege sie auch nicht der Gewerbesteuer. Im Ergebnis wird die KG somit steuerlich negiert.

Konsequenz
Durch das Urteil ist das Treuhandmodell nunmehr höchstrichterlich abgesichert und kann zu Gestaltungszwecken genutzt werden. Die Vorteile eines gesellschaftsrechtlich selbstständigen Unternehmens müssen nicht mit steuerlichen Nachteilen erkauft werden. Insbesondere sind Gewinne und Verluste zwischen Mutter- und Tochterunternehmen gewerbesteuerlich in vollem Umfang miteinander kompensierbar. Zudem löst die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen den Gesellschaften keine Steuerbelastung aus.


16. Kfz-Nutzung: Mehrfache Anwendung der 1 %-Regel durch BFH bestätigt

Einführung
Die private Nutzung betrieblicher Kfz ist zu versteuern. Zur Ermittlung der privaten Nutzung stehen die 1 %- und die Fahrtenbuchmethode zur Verfügung. Die 1 %-Methode ist seit dem Jahr 2006 allerdings auf Kfz begrenzt, deren betriebliche Nutzung mehr als 50 % beträgt. Umstritten war bisher die Anwendung der 1 %-Methode für Fälle, in denen ein Unternehmer mehrere Kfz des Betriebsvermögens privat nutzt und eine private Verwendung durch Dritte, z. B. Familienangehörige, ausgeschlossen werden kann.

Rechtslage
Das BMF verlangt in solchen Fällen bis zum 31.12.2009 den Ansatz der 1 %-Methode nur für das Kfz mit dem höchsten Bruttolistenpreis. Seit dem 1.1.2010 soll hingegen für alle Kfz im Betriebsvermögen, für die eine private Nutzung nicht ausgeschlossen werden kann, eine Besteuerung auf Basis der 1 %-Methode erfolgen. Dieser können die Unternehmer nur entgehen, wenn sie die private Nutzung mittels Fahrtenbuch ermitteln.

Neues Urteil
Der BFH hat nun die neue Verwaltungsauffassung bestätigt. Demnach ist für jedes Kfz des Betriebsvermögens, das privat genutzt wird, die private Nutzung nach der 1 %-Methode zu bestimmen, sofern kein Fahrtenbuch geführt wird. Dabei ist es laut BFH vollkommen unerheblich, ob die Kfz von einer oder mehreren Personen privat genutzt werden.

Konsequenz
Unternehmern, die mehrere Kfz im Betriebsvermögen haben und nicht nachweisen können, dass diese z. B. durch Überlassung an Arbeitnehmer ausschließlich betrieblich genutzt werden, wird das BFH-Urteil teuer zu stehen kommen. Es besteht auch keine Hoffnung, dass der BFH diesbezüglich in nächster Zeit zu einem anderen Ergebnis kommen wird. Denn der Urteilsbegründung ist zu entnehmen, dass der BFH durchaus das Problem gesehen hat, dass die mehrfache Anwendung der 1 %-Methode in diesen Fällen regelmäßig zu einer Besteuerung führt, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen privaten Nutzung steht. Dies hält er allerdings für zulässig, da die 1 %-Methode der Pauschalierung dient, ggf. auch zu Ungunsten der Steuerpflichtigen. Das Motto des BFH lautet: Wem dies nicht passt, steht es offen, für jedes Kfz ein Fahrtenbuch zu führen. Offen lässt der BFH, ob die Unternehmen für die Jahre bis einschließlich 2009 in ihrem Vertrauen auf die oben dargestellte Auffassung der Finanzverwaltung geschützt sind. Betroffene Unternehmen müssen nun prüfen, ob sie Maßnahmen ergreifen können, um der drohenden steuerlichen Mehrbelastung zu entgehen, z. B. durch Führung von Fahrtenbüchern.


17. Geschäftsadresse ohne Postbriefkasten kann gefährlich sein 

Kernaussage
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht geboten, wenn ein durch Aufgabe zur Post bzw. lizenziertes Unternehmen zugestellter Festsetzungsbeschluss aus Gründen, die der Empfänger mit zu verantworten hat, nicht in dessen Machtbereich gelangt ist.

Sachverhalt
Ein Insolvenzverwalter hat die Gebühren der vorläufigen Insolvenzverwaltung festsetzen lassen. Der Festsetzungsbeschluss wurde im Internet veröffentlicht und der Schuldnerin am 13.12.2005 durch Aufgabe an ein lizenziertes Postunternehmen zugestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 InsO a. F., § 184 Abs. 2 ZPO). Tatsächlich scheiterte die Übergabe des Schriftstücks an die Schuldnerin daran, das diese nicht angetroffen wurde und ein Briefkasten nicht vorhanden war. Mangels Kenntnis der Schuldnerin von dem Beschluss versäumte sie die Beschwerdefrist und stellte nach Wegfall des Hindernisses einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Entscheidung
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb in allen Instanzen erfolglos. Die im Insolvenzverfahren zulässige Zustellungsform der Aufgabe an ein lizenziertes Postunternehmen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 InsO a. F.) bewirkt, dass das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt gilt. Hat der Schuldner im Verfahren nicht darauf hingewiesen, dass die Geschäftsadresse ohne Postbriefkasten ist, trägt er ein Mitverschulden, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt. Insbesondere trifft gerichtlich beauftragte Zustellungsunternehmen keine Nachforschungspflicht hinsichtlich des Bestehens von Postfächern.

Konsequenz
Das Auftreten im Rechtsverkehr unter der Geschäftsadresse, obwohl kein Briefkasten vorhanden ist, kann, wie auch diese Entscheidung verdeutlicht, unangenehme Rechtfolgen auslösen. Daher sollte in derartigen Fällen stets auf ein Postfach hingewiesen werden.


18. Voraussetzungen für Treuhandverhältnis (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO)

Kernaussage
Sind Aktien Gegenstand eines Treuhandverhältnisses, sind diese steuerlich dem Treugeber zuzurechnen, soweit er das Treuhandverhältnis - sowohl nach den getroffenen Absprachen als auch bei deren tatsächlichen Vollzug - im vollen Umfang beherrscht.

Sachverhalt
Die Kommunen der neuen Bundesländer hatten nach dem Kommunalvermögensgesetz einen Anspruch auf Übertragung von Aktien an dem kommunalen Energieversorgungsunternehmen. Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gesellschafter ausschließlich Kommunen sind und deren Gesellschaftszweck die Interessenvertretung der Kommunen ist. Einige Kommunen haben mit der Klägerin jeweils als "Treuhandvertrag" bezeichnete Verträge über diese Aktien abgeschlossen. Hiernach sollte die Klägerin alle Gesellschaftsrechte ausüben. Ihr standen darüber hinaus die Erträge der Aktien zu. Lediglich jeder Verfügung über die Aktien hatte sich die Klägerin zu enthalten. Die Kommunen waren somit von der Ausübung der Gesellschaftsrechte ausgeschlossen und nicht berechtigt, Weisungen in Bezug auf das Stimmrecht zu erteilen. Als Gegenleistung erhielten die Kommunen ein jährliches Entgelt in Höhe einer marktüblichen Darlehensverzinsung. Die Klägerin aktivierte die Aktien im Anlagevermögen als "Treuhandvermögen". Entsprechend wurden die Treuhandverpflichtungen gegenüber den Kommunen passiviert. Die Klägerin begehrt den Ansatz der auf die Treuhand- Aktien entfallenden Dividenden als Betriebseinnahmen.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Der BFH entschied hingegen, dass die streitigen Einkünfte der Klägerin zuzurechnen sind. Anteilseigner im Sinne des § 20 Abs. 2a Satz 1 EStG 1997 ist derjenige, dem nach § 39 Abs. 1 AO die Anteile an der Kapitalgesellschaft zivilrechtlich als Eigentümer zuzurechnen sind. Bei Treuhandverhältnissen erfolgt nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO eine abweichende Zurechnung auf den Treugeber, wenn die mit der rechtlichen Eigentümerstellung des Treuhänders verbundene Verfügungsmacht so zugunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum als "leere Hülle" erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis damit beherrschen und der Treuhänder muss erkennbar ausschließlich für Rechnung des Treugebers handeln. Nach der Gesamtbildbetrachtung ist vorliegend kein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis gegeben.

Konsequenz
Mit diesem Urteil bestätigt der BFH nochmals seine ständige Rechtssprechung, wonach nicht jede als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung zum Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses führt. Bei der Gestaltung der Treuhandverträge ist daher besonderes Gewicht auf die von der Rechtsprechung herausgebildeten Voraussetzungen der steuerlichen Zurechnung zu legen.


19. Übernahme von Steuerberatungskosten ist Arbeitslohn

Kernproblem
Insbesondere bei international agierenden Konzernen kommt es nicht selten vor, dass mit entsandten ausländischen Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen getroffen werden. Danach trägt der Arbeitgeber Steuern und Sozialabgaben für die Arbeitnehmer; diese treten dem Arbeitgeber unwiderruflich alle Erstattungen von Steuern und Sozialabgaben ab. So auch geschehen im Streitfall, bei dem der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung seiner japanischen Arbeitnehmer getragen hatte. Dies war auch im Interesse des Arbeitgebers, denn die Steuererstattungen standen ihm zu und minimierten so den Lohnaufwand. Die Lohnsteuer-Außenprüfung behandelte die Kostenübernahme jedoch als Netto-Arbeitslohn, so dass der Arbeitgeber für die Lohnsteuer in Haftung genommen wurde.

Bisherige Rechtsprechung
Vorteile des Arbeitnehmers sind kein Arbeitslohn, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt werden. In diesem Fall kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, führt die Vorteilsgewährung zu Arbeitslohn.

Entscheidung des BFH
Der BFH hat bei Prüfung der vom FG durchgeführten Gesamtwürdigung keine Rechtsfehler erkennen können und es jedenfalls für möglich gehalten, dass die Kostenübernahme auch im Interesse der Arbeitnehmer erfolgte. Dieser Schluss läge nahe, weil die Nettolohnvereinbarung für den Arbeitgeber unzweckmäßig und risikobehaftet sei, denn der Arbeitnehmer könne die Lohnkostenbelastung durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden individuellen Umständen beeinflussen. So wirkten sich Beitragserhöhungen zu Lasten des Arbeitgebers aus. Den ausländischen Arbeitnehmern hingegen werde mit dem zugesagten Nettolohn eine handhabbare Entscheidungs- und Vergleichsgröße zur Verfügung gestellt, die ihnen erlaube, den wirtschaftlichen Nutzen des Auslandsaufenthalts zu bewerten. Darüber hinaus müsse sich der Arbeitnehmer bei einer Nettolohnabrede weder mit steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einer ausländischen Rechtsordnung, noch mit den Fragen grenzüberschreitender Besteuerung befassen.

Konsequenz
Der Senat verkennt nicht, dass die Nettolohnvereinbarungen auch im Interesse des Arbeitgebers liegen (z. B. zur Kosteneinsparung im administrativen Bereich). Dies reichte jedoch im Streitfall nicht aus.


20. InvZul für Grundstückskauf: Besitzübergabe vor vertraglichem Zeitpunkt

Kernproblem
Nach dem InvZulG 1999 war die Anschaffung neuer Gebäude bis zum 1.1.2002 begünstigt. An sich zu spät für einen Gesellschafter, der von seiner GmbH am 18.6.2001 notariell ein Grundstück mit Reihenhaus im Rohbau erwarb, das diese noch zu vollenden hatte. Denn die nach dem Kaufvertrag bei vertragsgemäßer Übergabe fällige letzte Rate wurde erst am 5.2.2002 geleistet. Dies veranlasste das Finanzamt, die beantragte Zulage abzulehnen. Der Käufer legte eine mit der GmbH getroffene privatschriftliche Vereinbarung vom 5.7.2001 vor, nach der ihm der restliche Kaufpreis bis Ende 2002 gestundet war. Mit Rücksicht auf die nach Fertigstellung ab 1.9.2001 geplante (und tatsächlich auch durchgeführte) Vermietung des Hauses an Dritte sollte das Objekt abweichend vom Kaufvertrag am 1.7.2001 übergeben werden. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG war der Ansicht, die Heilung der gegen die Beurkundungspflicht verstoßenden Abrede hätte erst mit dem Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch (Juni 2002) eintreten können. Von daher könne auch dahinstehen, ob die Vereinbarung tatsächlich am 5.7.2001 oder nachträglich getroffen worden sei.

Entscheidung des BFH
Nach Ansicht des BFH bestimmt sich der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Grundstück nach dem Zeitpunkt, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Das FG habe den Zeitpunkt der Anschaffung aber zu Unrecht danach bestimmt, wann der Kläger aufgrund des notariellen Kaufvertrages die Übergabe beanspruchen konnte. Maßgeblich sei dagegen der tatsächliche Übergang. Der Besitz an einer Sache werde durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt erworben; bei Grundstücken könne das schon mit Übergabe der Schlüssel der Fall sein. Die Übergabe einer verkauften Sache bewirke, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der Verschlechterung auf den Käufer übergehen. Von diesem Zeitpunkt an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten. Der Zeitpunkt des Eigentumserwerbs sei insoweit unerheblich. Dies bedeutete für den Streitfall, dass die GmbH als Verkäuferin die Herausgabe (Rückgabe) nicht mehr verlangen konnte, denn dem Käufer stand ein Recht zum Besitz zu.

Konsequenz
Das FG muss jetzt prüfen, ob das Reihenhaus tatsächlich im Jahr 2001 übergeben und die sich ergebenden Folgerungen gezogen wurden, d. h. ob der Käufer die Grundstückslasten getragen, die Miete vereinnahmt und nicht an die GmbH weitergeleitet hat. Denn nur dann nutzt die Vereinbarung etwas.


21. Aufhebungsvertrag unter Androhung außerordentlicher Kündigung

Kernaussage
Ein Aufhebungsvertrag unter Androhung einer außerordentlichen Kündigung ist nicht in jedem Fall anfechtbar. Droht der Arbeitgeber für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibt, eine außerordentliche Kündigung an, kann in diesem Verhalten eine widerrechtliche Drohung liegen. Diese berechtigt jedoch dann nicht zur Anfechtung, wenn der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.

Sachverhalt
Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Alten- und Pflegeheim, als Pflegekraft beschäftigt. Der Personalleiter erfuhr davon, dass die Klägerin die Heimbewohner gewaltsam gefüttert und auch beim Zähneputzen Gewalt angewendet hatte. Sie soll grobe Pflegebehandlungen durchgeführt haben, die sogar zu Hämatomen bei einzelnen Bewohnern führten. Zudem sollen Beleidigungen wie "blöde Kuh" und "stirb doch endlich" ausgesprochen worden sein. Der Personalleiter befragte hierzu mehrere Pflegekräfte und hörte auch die Klägerin an. Daraufhin kündigte der Personalleiter den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung an. Als Alternative wurde der Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten. Die Klägerin unterschrieb den Vertrag und focht ihn zwei Tage später wegen widerrechtlicher Drohung an.

Entscheidung
Die Anfechtungsklage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beklagte sie zum Abschluss des Auflösungsvertrages unter widerrechtlicher Androhung einer fristlosen Kündigung genötigt hat. Vielmehr hat die Beklagte aufgrund ihres Kenntnisstandes bei dem von ihr durch Befragungen ermittelten Sachverhalt eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen. Dass die Vorwürfe tatsächlich zutreffen, muss im Anfechtungsprozess nicht vom Arbeitgeber bewiesen werden.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht nochmals, wie gefährlich die Situation bei Abschluss des Aufhebungsvertrages für den Arbeitgeber sein kann. Er sollte stets unabhängige Zeugen hinzuziehen, um zu belegen, dass er nicht widerrechtlich gedroht oder arglistig getäuscht hat.


22. Verlustabzug bei Abwärtsverschmelzung

Kernproblem
Steuerliche Verlustvorträge wirken häufig als "Umwandlungssperre", weil sie bei Umstrukturierungen in vielen Fällen vollständig oder anteilig untergehen. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sind in den letzten Jahren systematisch verschärft worden.

Sachverhalt
Im Jahr 1997 wurde eine Holding-GmbH auf ihre 100- %ige Tochter-GmbH verschmolzen (sog. Abwärtsverschmelzung oder down-stream-merger). Die Anteile an der Tochter-GmbH gingen dadurch auf den bisherigen Alleingesellschafter der Holding-GmbH über. Die Holding verfügte aus den Jahren vor der Verschmelzung über körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Die Tochter-GmbH war der Auffassung, dass diese Verlustvorträge im Zuge der Verschmelzung auf sie übergegangen seien und anschließend von ihr genutzt werden könnten.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof beurteilt den Fall differenziert: Für die Körperschaftsteuer lehnt er den Übergang des Verlustvortrages ab. Nach damaliger Rechtslage setzte der Übergang des Verlustvortrages voraus, dass der Betrieb der Verlust-GmbH durch die aufnehmende Gesellschaft mindestens fünf Jahre nahezu unverändert fortgeführt wurde. Da der alleinige Betrieb der Holding-GmbH darin bestand, die Beteiligung an ihrer Tochtergesellschaft zu halten, entfiel dieser Betrieb zwangsläufig durch die Verschmelzung. Bei der Gewerbesteuer fiel die Entscheidung dagegen positiv aus. Hier war für den Übergang des Verlustabzugs allein entscheidend, dass die übertragende (Holding-) GmbH ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt hatte. Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt.

Konsequenz
Das zitierte Urteil ist zu alter Rechtslage ergangen. Würde man den Urteilsfall in das Jahr 2010 übertragen, wäre eine Beschäftigung der Finanzgerichte nicht erforderlich. Zwischenzeitlich ist der Übergang von Verlustvorträgen der übertragenden Gesellschaft auf die Übernehmerin im Zuge der Verschmelzung gesetzlich ausgeschlossen. Will man sich zumindest die Chance auf Nutzung der Verlustvorträge erhalten, muss die Verlust-GmbH selbst die aufnehmende Gesellschaft sein.


23. Verbot nicht amtlich verliehener Zusätze zur Berufsbezeichnung StB

Kernproblem
Zur Hervorhebung seiner Fachkenntnis kann es für den Steuerberater sinnvoll sein, besondere Qualifikationsnachweise als Titel neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen zu dürfen. Zu nennen sind bspw. die "Fachberater für … (DStV e. V.)". Fraglich ist jedoch, ob diese "Fachberater" unmittelbar neben der Berufsbezeichnung "Steuerberater" geführt werden dürfen. Dies erlaubt das Steuerberatungsgesetz nur bei amtlich verliehenen Bezeichnungen.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH beinhaltet der Zusatz "Fachberater" als solcher zur Berufsbezeichnung "Steuerberater" lediglich einen besonderen Qualifikationsnachweis. Es handelt sich auch nicht um eine Bereichs- oder Gebietsbezeichnung im Sinne eines Tätigkeitsschwerpunkts. Daher muss er anders als amtliche Fachberatertitel, akademische Grade oder staatlich verliehene Graduierungen von der Berufsbezeichnung und dem Namen des Steuerberaters räumlich deutlich abgegrenzt werden; es handelt sich um eine "scheinbare Berufsbezeichnung".

Konsequenz
Der Verwendung des "Fachberaters" als Zusatz zur Berufsbezeichnung hat der BFH eine klare Absage erteilt. Allerdings steht einer Werbung des klagenden Steuerberaters mit dem "Fachberater für ..… (DStV e. V.)" auf seinen Geschäftspapieren, in Anzeigen und im Internetauftritt nichts entgegen. Auf den "Fachberater" darf in deutlich abgesetzter Weise hingewiesen wird. Insoweit ist zu erwarten, dass die konkrete Umsetzung "in deutlich abgesetzter Weise" künftig noch zu Diskussionen führen wird.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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